Höchstes Gericht Israels bestätigt rassistisches Staatsbürgerschaftsrecht

Israel unterscheidet streng bekanntlich streng nach rassisch-religiösen Kriterien, wobei anstelle des Begriffes Rasse freilich Begriffe wie Volkszugehörigkeit oder Religionszugehörigkeit gebraucht werden, zwischen Nationalität (le’um) und Staatsbürgerchaft (ezrahut). Die israelische Nationalität wird nur Juden gewährt. Herrenmenschen, die über den Status Mitglied der israelischen Nationalität (Am Yisrael) verfügen, haben entscheidend größere Rechte als Inhaber einer vom Staat Israel gewährten nicht-jüdischen Staatsbürgerschaft wie z.B. als „Araber“ oder „Buddhisten“ klassifizierte Menschen, beispielsweise bei Einwanderung und Landpacht. Um die Rassentrennung nicht aufweichen zu lassen, ist es in Israel selbstverständlich sowohl Juden als auch Nicht-Juden nicht gestattet, die israelische Staatsbürgerschaft zu führen.

Die Grundzüge des zwischen Nationalität und Staatsbürgerschaft unterscheinenden israelischen Nationalitäts- und Staatsbürgerschaftsrechts dürften sehr alten oder geschichtskundigen Deutschen bekannt vorkommen. Wer jung oder unkundig ist, kann sich kundig machen. Bei Wikipedia ist etwa unter dem Stichwort Volksgenosse nachzulesen:

In Punkt 4 des 25-Punkte-Programms der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) von 1920 war festgelegt: „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf die Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.“

Das wurde dann in Deutschland in praktische Politik umgesetzt. Unter dem Stichwort „Nürnberger Gesetze“ lässt sich etwa in der Wikipedia nachlesen, dass die NSDAP im Jahr 1935 sogenannte Rassegesetze erließ. Zum Unterpunkt Reichsbürgergesetz steht da:

Im Reichsbürgergesetz wurde festgelegt, dass nur „Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes“ Reichsbürger sein konnten (vgl. Reichsdeutsche). Den assimilierten „jüdischen Mischlingen“ wurden das Wahlrecht und eine „vorläufige Reichsbürgerschaft“ zugestanden. Das Reichsbürgergesetz hatte unmittelbar zur Folge, dass kein Jude mehr ein öffentliches Amt innehaben durfte.

Ein Blick in die Wikipedia zum Stichwort „Reichsbürgergesetz“ erläutert, wie das damals in Deutschland gemacht wurde:

Das Reichsbürgergesetz (RBG) vom 15. September 1935 (RGBl. I S. 1146) teilte die deutsche Bevölkerung in Reichsbürger, „Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes“, einerseits und in ‚einfache‘ Staatsangehörige, Angehörige „rassefremden Volkstums“, andererseits. Damit wurde ein dreistufiges Rechtssystem geschaffen: Reichsbürger, Staatsangehörige und Ausländer mit jeweils geringeren Rechten. … Die vollen politischen Rechte hat allein der Reichsbürger. Dieser muss Staatsangehöriger „deutschen oder artverwandten Blutes“ sein. … Juden wurden durch das Reichsbürgergesetz zu Staatsangehörigen minderen Rechts erklärt und von der Beteiligung an Reichstagswahlen ausgeschlossen. Der Verlust des – in einer Diktatur ohnehin fragwürdigen – Wahlrechts war ein vergleichsweise geringes Übel. Doch alsbald wuchs dieses Gesetz zu einem existenzbedrohenden und -vernichtenden Werkzeug heran.

Die Parallele zum mehrstufigen Staatsangehörigkeitsrecht Israels ist unschwer zu erkennen. Was dem deutschen Reich ab 1935 seine „Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes“ waren, sind dem heutigen Israel die Inhaber „jüdischer Nationalität,“ wobei es für die Zugehörigkeit zur „jüdischen Nationalität“ gleichgültig ist, ob eine Person in Israel oder sonstwo, etwa in Deutschland oder den USA, lebt und ob sie überhaupt jemals in Israel war. Personen israelischer Nationalität, die nicht „jüdisch“ als Staatsbürgerschaft haben, etwa „Araber,“ „Moslems,“ „Christen“ oder „Buddhisten,“ haben in Israel weniger Rechte. In Staaten wie Frankreich oder Deutschland ist das heutzutage anders, da ist eine Person entweder „Französisch“ oder „Deutsch“ mit allen Rechten und Pflichten oder nicht, eine zweistufige Staatsbürgerschaft nach Volks- oder Rassen- oder Religionsgruppenzugehörigkeit, die die Tür für beliebige staatliche Diskriminierungen öffnet, gibt es nicht. In Israel ist es demgegenüber nicht gestattet, seine Staatsbürgerschaft mit „Israelisch“ registrieren zu lassen.

Uzi Ornan, einem in Israel lebenden inzwischen 90-jährigen Linguistik-Professoren, gefällt nicht, dass ihm das Einwohnermeldeamt seine Staatsbürgerschaft nicht als „Israelisch“ registrieren will, und er streitet sich seit Jahrzehnten mit israelischen Behörden darum. Doch das Einwohnermeldeamt weigert sich standhaft, und will ihm stattdessen als Staatsbürgerschaft „Jude“ oder irgendetwas anderes eintragen, nur kein „Israelisch.“ Uzi Ornan zog vor einigen Jahren vor Gericht, um das Recht zu erhalten, seine Staatsbürgerschaft als „Israelisch“ registrieren lassen zu dürfen, und er verfolgte den Rechtsweg bis zum höchsten Gericht im zionistischen Staat Israel. Seiner Klage schlossen sich einige andere Aktivisten an, die erkannt hatten, worum es bei dieser Klage wirklich ging, nämlich derm Öffnen einer Tür, um dem in Israel staatlich verordneten Rassismus zu entkommen, darunter auch die ehemalige Ministerin Shulamit Aloni und der Publizist Uri Avnery. In der abgelaufenen Woche entschied das höchste israelische Gericht, dass seine Klage zur Erzwingung der Eintragung einer Staatsbürgerschaft „Israelisch“ abgewiesen wurde. Die Begründung des Gerichts offenbart den staatlich institutionalisierten Rassismus in Israel.

Wie Telepolis berichtet, führte das Gericht aus, dass man die verschiedenen Völker oder Ethnien nicht unter einer „neuen Volkszugehörigkeit“ vereinen könne, denn das wäre „gegen das jüdische Wesen und die demokratische Natur des Staates“. Noch etwas deutlicher wurde – Überraschung – der Spiegel:

Ornan vertritt die Meinung, dass Israeli ist, wer in Israel geboren wird. Die Ableitung der Nationalität über die Religionszugehörigkeit der Mutter lehnt er ab. Er verweist darauf, dass auch die Nazis so definiert hätten, wer Jude ist und wer nicht. Die Richter folgten dieser Argumentation in ihrer Urteilsbegründung nicht. Allerdings räumten sie ein, dass es sich bei dem Antrag nicht nur um ein rechtliches, sondern auch um ein philosophisches und politisches Problem handele. Die Anerkennung einer gemeinsamen, nicht auf der Religionszugehörigkeit basierenden Nationalität könnte den Staat Israel in seinen Grundfesten erschüttern, so das Gericht.

Das Parteibuch meint: Das den israelischen Rassenwahn bestätigende Urteil verwundert nicht, wenn man sich vergegenwärtigt, dass, wie Rabbi Leo Goldmann vor 100 Jahren überzeugend darlegte, die zionistische Staatsideologie Israels fest im gleichen chauvinistischen und nationalistischen Nationalitäts-, Volkstums- und Rassenwahn verwurzelt ist, der auch in Europa viel Unheil angerichtet hat. Was jedoch völlig fehlt, ist dass die moderne Welt aus dem zionistischen Rassenwahn entsprechende Konsequenzen für den Umgang mit dem zionistischen „Goliath“ Israel zieht.

Nachtrag: Ben White hat bei MEMO in englischer Sprache einen lesenswerten Kommentar zu dem höchstrichterlichen Urteil veröffentlicht, und Ofer Neiman hat dazu Auszüge aus dem Urteilstext auf englisch übersetzt.

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Ein Gedanke zu “Höchstes Gericht Israels bestätigt rassistisches Staatsbürgerschaftsrecht

  1. Danke für diesen Artikel. Solche Meldungen gehen bei den gleichgeschalteten Medien in die Löschtaste. Gut dass ihr wach seid und denen die sehen wollen Material bereit stellt.

    Lest dazu die hervorragende Arbeit von Petra Wild:
    „Apartheid und ethnische Säuberung in Palästina. Der zionistische Siedlerkolonialismus in Wort und Tat“

    Erst wenn die Wurzeln der zionistischen Verbrechen klar sind, gibt es die Chance, dass die Lügen nicht mehr durchkommen. Dieses Buch von Petra Wild sollte Schulstoff werden.

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