Zwei Taschen

Wie Breaking News berichtete, ließen syrische Militärquellen in der vergangenen Woche durchblicken, dass das syrische Militär davon ausght, dass im Anti-Terror-Kampf bis Jahresende eine deutliche Verbesserung der Lage zu sehen ist, und zwar insbesondere auch in Aleppo.

Tatsächlich konnte die syrische Armee eine deutliche Verbesserung der militärischen Lage im Nordwesten Syriens bereits in den letzten Monaten erkämpfen. Die wesentlichen Bemühungen der Armee lagen dabei auf der Sicherung von drei wichtigen Versorgungsstraßen:

1. Die südliche Aleppiner Umgehungsstraße vom Flughafen im Südosten von Aleppo zu den Bastionen der Regierung im westlichen Aleppo.
2. Die Homs über Salamiyah und Khanasser zur südlichen Umgehungsstraße von Aleppo führende Versorgungsroute durch die Wüste.
3. Die Autobahn von Lattakia an Jisr al-Shughur entlang nach Ariha und von dort weiter die Landstraße nach Idlib

Diese drei Straßenverbindungen waren von den gegen Syrien kämpfenden Terroristen zu Beginn des Jahres unterbrochen gewesen und die Großstädte Idlib und Aleppo waren damit eingekesselt von Terroristen. Die gegen Syrien kämpfenden Terroristen haben im Wissen dessen, dass diese Straßen bezüglich des Nordens von Syrien kriegsentscheidend sein können, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, von Granatbeschuss bis zu Brückensprengungen, versucht, diese Straßen unpasierbar zu machen. Doch die syrische Armee blieb hartnäckig, und im Laufe einiger Monate ist es der syrischen Armee gelungen, diese Verbindungen wieder passierbar zu machen, damit die Terrorblockade der Großstädte Idlib und Aleppo zu durchbrechen und, wenn auch Umwege gefahren werden müssen, einigermaßen sichere Versorgungsrouten auf dem Landweg von Damaskus nach Idlib und Aleppo wiederherzustellen.

Die Sicherung notdürftiger Versorgungslinien über Umwege durch die Berge (Idlib) oder durch die Wüste (Aleppo) macht zunächst einmal einen ausgesprochen defensiven Eindruck. In den letzten Wochen hat sich die syrische Armee nun verstärkt damit beschäftigt, die Sicherheitszone entlang dieser drei wichtigen Versorgungswege auszuweiten, und auch Terroristennester eines nach dem anderen auszuschalten, die nicht direkt an den Straßen liegen, sondern einen oder einige Kilometer von den Straßen entfernt. Ein typisches Beispiel für diese Aktivitäten ist die Befreiung der Ortschaft Kafr Najd am Samstag. Kafr Najd liegt etwa einen Kilometer westlich von Ariha, nicht direkt an der Strecke Lattakia – Ariha – Idlib, aber doch nah genug, als dass Terroristen von dort aus Angriffe auf die Versorgungslinie nach Idlib starten könnten. Der defensive Nutzen der Ausweitung der Sicherheitszonen entlang der Versorgungswege nach Idlib und Alepoo springt sofort ins Auge: wenn kein bewaffneter Terrorist auch nur in die Nähe der Versorgungswege kommt, um diese zu beschießen oder heimlich Bomben zu legen, dann wird die Versorgung von Idlib und Aleppo sicherer und kann störungsfreier ablaufen.

Mit breiten Sicherheitszonen gepolsterte Versorgungswege nach Aleppo und Idlib bieten jedoch auch Potenzial für ine entscheidende Offensive. Wenn Terroristen nicht mehr in die Nähe der Versorgungswege kommen können, deutet das schießlich im Umkehrschluss auch, dass die Nachschubwege der Terrorbanden, die die Versorgungswege der Armee kreuzen, durchschnitten sind. Ein Blick auf eine Karte, in der die Versorgungswege der Armee nach Idlib und Aleppo als breite Barrieren eingezeichnet sind, zeigt den Effekt.

Parteibuch-Karte basierend auf OpenStreetMap, ODbL bzw CC BY-SA © OpenStreetMap-Mitwirkende

Im Nordwesten von Syrien entsteht durch die breit gesicherten Versorgungslinien der Armee nach Idlib und Aleppo eine riesige Tasche von Idlib über Lattakia, Tartous, Homs, Salamiya und Khanasser nach Aleppo. Die einzige Öffnung der Tasche, die den Terroristen noch bleibt, um sämtliche darin liegenden Terroristennester mit Nachschub aus dem Ausland zu versorgen, besteht in der rund 40 Kilometer breiten Öffnung zwischen Idlib und Aleppo. Blockiert die syrische Armee diese Taschenöffnung, etwa indem sie die Sicherheit auf den Autobahnabschnitten Ariha – Sarakib und Saraki – Aleppo wiederherstellt oder eine weiter nördlich gelegene Straßenverbindung zwischen Idlib und Aleppo wieder unter ihre Kontrolle bringt und so breit polstert, dass das Überqueren der Verbindung für den Terroristennachschub nicht mehr möglich ist, dann hat die Armee damit gleichzeitig sämtliche sich im Inneren des nordwestsyrischen Kernlandes befindliche Terroristenhochburgen in einer großen Tasche eingekesselt und vom Nachschub in der Türkei abgeschnitten. Diese Tasche kann die Armee dann Stück für Stück verkleinern und ausräumen, etwa so wie sie das mit den Terroristennestern in der Gegend von Qusair gemacht hat.

Diese Tasche kann schon für sich genommen den von Israel, NATO- und GCC-Staaten unterstützten Terrorbanden das Rückgrat brechen. Es gibt jedoch noch eine zweite Tasche, die zwar geografisch viel kleiner ist, aber aufgrund der größeren Bebauungsdichte mindestens ebenso bedeutend: und zwar den Süden von Aleppo.

Parteibuch-Karte basierend auf OpenStreetMap, ODbL bzw CC BY-SA © OpenStreetMap-Mitwirkende

Durch die Sicherung und Polsterung der südlichen Umgehungsstraße von Aleppo seitens der Armee besteht die einzige Nachschublinie für die im Süden Aleppos aktiven Terrorbanden im Osten Aleppos aus einem kaum einen Kilometer breiten Korridor. Wenn die syrische Armee die Verbindung schließt, etwa indem sie die wenigen Häuserblöcke, die zwischen der Zitadelle im Zentrums Aleppos und Aziza im Südwesten Aleppos liegen, besetzt, oder gar, indem sie den Zubringer von Sakhour zum Flughafen wieder unter ihre Kontrolle bringt, dann würde sie damit den größten Teil der in Aleppo aktiven Terrorbanden einkeseln und vom Nachschub aus dem Ausland abschneiden. Angesichts dessen, dass es sich bei diesen Gebieten um nur wenige Häuserblöcke handelt, dürfte das militärisch, wie der Fall von Khalidiya in Homs zeigt, für die syrische Armee kein unlösbares Problem sein.

Verlieren die Terroristen die hier dargestellten Taschen, so hat die Armee damit praktisch den gesamten Westen Syriens wieder unter Kontrolle, ein Gebiet, in dem rund 85% der syrischen Bevölkerung leben. Das Schließen, Ausräumen und Verkleinern der beiden hier dargestellten großen Terror-Taschen dürfte nach Einschätzung des Parteibuchs etwa das sein, was an Erfolgen der Armee im Anti-Terror-Kampf im Nordwesten Syriens bis Jahresende zu erwarten ist. Im Ergebnis dürften damit die Provinzen Idlib und Aleppo bis zum Jahresende wieder weitgehend unter Kontrolle der Regierung sein.

PS: Sollte es der Armee gelingen, die zwei hier vorgestellten Taschen auszuräumen, dürfte sich der Plan der westlichen Terrorgemeinschaft“, Syrien nach ethnisch-rassischen Gesichtspunkten in drei Teile zu zerlegen, erledigt haben, denn ohne die Tasche der Provinz Idlib und ohne die Stadt Aleppo ist ein von der Türkei unterstützter syrischer „Sunnitenstaat“ undenkbar, weil dafür dann nur noch der von Al-Kaida behrrschte Euphrat-Region im Osten Syriens bliebe.

PPS: die gegenwärtige Terror-Offensive in der Provinz Lattakia dürfte ein Versuch sein, der syrischen Armee die Autobahnverbindung Lattakia – Ariha zu zerschneiden, und gleichzeitig eine neue Nachschubroute für den Terror vom südlichen Zipfel der türkischen Provinz Hatay über den Gebirgszug Jabal Turkman weiter nach Süden über den Gebirgszug der „Kurdenberge“ Jabal Al-Akrad hinein in die hier vorgestellte große Idlib-Tasche zu öffnen – ohne dabei das Nadelöhr zwischen Idlib und Aleppo passieren zu müssen.

PPPS: Der Feldzug der NATO/GCC-Todesschwadronen in der Provinz Lattakia scheint Al Monitor zufolge nicht direkt die Kontrolle über die Autobahn Lattakia-Idlib als Ziel zu haben, sondern strategische Höhen in den sogenannten Kurdenbergen zu erobern, insbesondere den Berg Nabi Jounes. Rund 2000 starke, mit frischen panzerbrechenden NATO/GCC-Waffen ausgestattete Terrorbanden sind auf diesem Feldzug von Salma aus gen Süden gezogen, und haben da auf ihrem Terrorfeldzug unter anderem durch Balluta, Baruda, Estreba, Barmase, al-Hanbushieh, Nabateh, al-Khratta, Bab Abdallah, Aramo, Bayt Khodor, Domzine, Obin und Abu Makka Hunderte Andersgläubige massakriert, die ihnen in die Hände gefallen sind, auch Frauen und Kinder. Dazu, dass die Kämpfe sich um den Berg Nabi Jounes drehen, passt, dass die Armee gerade erst bekanntgeben konnte, das rund zwei Kilometer von Nabi Jounes entfernt gelegene Dorf Blateh von US-geführten Terroristen befreit zu haben.

PPPPS: As-Safir berichtet, dass das Ziel der Latakia-Terroroffensive eben doch darin bestanden haben soll, die Verbindung der Regierung zwischen Latakia und Idlib zu unterbrechen. Möglicherweise waren die Terrorkräfte in den Jabal Al-Turkman einfach nicht zu schwach, um ihren Teil zum Ziel beizutragen, und deshalb sieht die Offensive bloß wie eine Offensive von Salma gen Süden aus.

9 Gedanken zu “Zwei Taschen

  1. Vielen Dank an den Parteibuchautor für die unermüdliche Arbeit und die Analysen, die in diesem Fall Hoffnung machen. Syrien ist zZ das einzige Land auf der Welt, das wahrhaftige Terrorbekämfung betreibt und dabei viele Opfer bringen muss. Das alles nur, weil die Gier des Westens grenzenlos ist.
    Dike

    1. @name
      Diese Nachrichten scheinen unwahr zu sein.

      Syrien bestreitet, dass die Terroristen die Basis Minnigh erobert haben:

      http://sana.sy/eng/337/2013/08/06/495994.htm

      Kurdische Quellen berichten von 70 toten kurdischen Zivilisten und mehreren Hundert Entführten:

      http://www.ekurd.net/mismas/articles/misc2013/8/syriakurd834.htm

      Dass die Terroristen ihre kurdischen Geiseln inzwischen alle umgebracht haben, ist unter Kurden bisher nicht bekannt geworden.

      1. Anscheinend ist die Basis gefallen, zumindest auf der Faceboockseiote der syrischen Luftwaffe wird dies bestätigt:

        https://www.facebook.com/SyrianAirForce

        Auf Liveleak sind bereits Videos (http://www.liveleak.com/view?i=461_1375765555) von innerhalb der Basis zu sehen, allerdinggs kann man aus den Videos herauslesen das denen nichts wichtiges in die Hände gefallen ist da ihre Anführer sich nur vor zerschossenen Hubschrauberwracks und minimalen munitionsbeständen ablichten lassen. leider sind fünf der Verteidiger lebend in die Hände der Terroristen gefallen, denke mal die werden in ein paar Tagen als Leichen in anderen Videos auftauchen:
        http://www.liveleak.com/view?i=f9c_1375779965
        Das Video kann man sich schon mal vormerken da es einen weiteren Beweis für ein Kriegsverbrechen der Terroristen darstellt.

      2. @name
        Stimmt, die Terroristen haben die Minnigh-Basis. Ich habe die SANA-Meldung dazu zu oberflächlich gelesen. SANA sagt, dass die Wächter von Mennigh sicher sind, aber nicht, dass sie noch im Stützpunkt sind. Außerdem sagt SANA, dass in Mennigh nur noch wertloses Zeugs verblieben war.

  2. Sry aber der Text und die Analyse sind schierer crap. Weißt du überhaupt, welche Ressourcen nötig sind, um einen militärischen Kessel herzustellen? Den Kessel, den du da als „Tasche“ darstellst, der halb Syrien umfasst ist dermaßen Quark, dass es schon wieder weh tut. Glaubst du die Armee hat die Kräfte, einen so großen Ring zu ziehen? Selbstverständlich nicht. Sondern die Primäraufgaben sind schlicht weg die Sicherung der Versorgungsrouten. Von „Einkesselung“ kann nicht die Rede sein, das ist unmöglich. Einkesselung ist nur regional möglich, also wie du beispielsweise Aleppo gezeigt hast, aber auch hier hat die SAA enorme Probleme. Die Offensive dort ist massiv ins Stocken geraten, die Terrorbanden sind ausgezeichnet bewaffnet und kampferprobt. Die Panzer die sich bisher herausgewagt haben wurden wie die Hasen abgeschossen.

    1. @Luwig
      Schaut man sich die Verhältnisse genauer an, sind die von der Armee gehaltenen Streckenabschnitte beim großen Idlib-Kessel gar nicht so groß und schwierig zu zu machen.

      Das sind im wesentlichen nur wenige Teilstücke:

      – die Straße von etwa westlich von Jisr Al-Shughur nach Ariha (Da hat die Armee, wie oben ausgeführt, in den letzten Monaten alle Städte an der Straße und auch alle Dörfer in der Nähe der Straße befreit)
      – die Straße von Ariha nach Idlib (Die Strecke ist sehr kurz, etwa 5 km, und da hält die Armee Mastoumah in der Mitte und führt den Anti-Terror-Kampf vor allem in den umliegenden Dörfern.)
      – die Straße von Homs nach Salamiya und von da weiter nach Ithriya (Da hat die Armee in den letzten Monaten links und rechts der Straße gewaltig aufgeräumt)
      – die Straße von Ithriya nach Khanasser und weiter bis kurz vor West-Safira (Wüste, kann die Armee gut und breit mit schweren Waffen abschirmen)
      – die Straße von West-Safira nach Aleppo (seit Monaten schwer umkämpfte Frontlinie mit sehr, sehr dicker Kaserne zwischen Straße und von Terroristen gehaltener Stadt Safira)

      Die Strecken westlich von Jisr Al-Shughour nach Lattakia und Lattakia nach Tartous führen durch Regierungshochburgen, Versuche der Terroristen, diese Strecke bei Banyas zu unterbrechen, ind in den letzten Monaten schon im Keim stecken geblieben. Die Strecke von Tartous nach Homs via Talkalakh wurde in den letzten Monaten mit viel Aufwand, siehe Qusair, breit gesichert.

      Damit ist der Ring ist auf eine Öffnung zwischen Idlib und Aleppo komplett. Der Ring ist möglich, weil er nur zu einem kleinen Teil aus Armee besteht und zum größeren Teil aus breiten Landstrichen mit regierungstreuer Bevölkerung einschließlich der dazugehörenden Milizen.

  3. der Westen plant an dem Leid der Syrer noch ein wenig extra zu verdienen:

    http://derstandard.at/1375625847887/Syrien-will-mit-gesperrten-Geldern-Lebensmittel-kaufen

    „Aus europäischen Handelskreisen verlautete, ein Abkommen mit Syrien über den Verkauf von Weizen erhalte einen Preisaufschlag von fünf bis zehn Prozent. Damit müssten zum Beispiel für 200.000 Tonnen zusätzlich fünf Millionen Dollar bezahlt werden. „Trotz der Risiken und des Konflikts ist Syrien immer noch ein lukrativer Markt, den man nur schwer ignorieren kann“, sagte der Insider.“

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